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Klaus Geigle – Malerei

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Klaus Geigle - Malerei

Kunsturteil

„Kunsturteil“ heißt eine Ausgabe des kunstforums aus dem Jahr 2015, die ich mir in den letzten Tagen ausnahmsweise einmal fast ganz durchgelesen habe. In dem Magazin wird die Herausforderung beleuchtet, die es bedeutet, sich ein objektives Urteil über ein Kunstwerk oder eine Ausstellung zu bilden. Es wird nach „Kriterien“ gefragt und es werden auch eine ganze Menge von Kriterien genannt. Mir sind aber im Laufe der letzten Jahre noch einige andere Aspekte der Beurteilung von Kunst aufgefallen, die in dieser Ausgabe des kunstforums unerwähnt bleiben.

Zum Beispiel bei Kunstpreisen: Der Ausschreiber möchte doch eigentlich gerne mit einem bereits prominenten Gewinner glänzen, oder? Oder sollte der unbekanntere Künstler mit dem besseren Konzept gewinnen? Der bekanntere Künstler gewinnt mit dem eigentlich schlechter bewerteten Wettbewerbsbeitrag. Das Kunsturteil, die Urteilsbegründung wird im Nachgang entsprechend angepasst. Es hat schon „Förderpreisträger“ gegeben, die bereits erfolgreich bei der Documenta teilgenommen hatten, während gleichwertige, aber noch unbekannte Bewerber leer ausgingen!

Dann gibt es noch die kalkulierte, um nicht zu sagen opportunistische Verfälschung des eigenen Kunsturteils. Ein weiteres Beispiel: Ein Künstler, der noch an der Kunstakademie studiert, stellt das erste Mal seine Gemälde in einer Galerie aus. Ein Journalist des lokalen Feuilletons betritt die Ausstellung und findet alles, ohne sich die Arbeiten überhaupt genauer anzusehen, furchtbar, bemängelt von der Bildidee, Farbgebung bis zur Komposition so ziemlich alles, was man an Malerei kritisieren kann. Der Künstler ist überrascht und konsterniert über diesen Rundumschlag. Einige Monate später ändert sich die Situation gravierend und grundlegend, als der Student in eine andere Klasse an der Akademie wechselt. Er wechselt zu einem international besonders erfolgreichen Professor, mit dem der so kritische Journalist enge, auch private Bande pflegt. Bald folgt eine neue Einzelausstellung des gescholtenen Künstlers. Der Kritiker besucht wieder die Ausstellung und vollführt nun eine Wende um 180 Grad. Der vor kurzem noch niedergemachte Jungkünstler wird plötzlich hochgelobt! Seine „Machwerke“ sind, quasi über Nacht, zu Kunst geworden! Er wird auf einmal hofiert bis zur Homestory, die in der Zeitung gedruckt wird. Seine Malerei, stellt der überraschte Künstler amüsiert fest (natürlich hinter vorgehaltener Hand), ist die ganze Zeit die gleiche geblieben. Teilweise werden sogar noch die alten Arbeiten der ersten Ausstellung gezeigt.

Das Kunsturteil wird eben manchmal mit beeindruckender Wortgewandtheit umgemodelt. Aus der vor kurzem noch langweiligen Komposition wird eine klare und reduzierte. Aus der flauen Farbgebung eine sensibel asketische. Aus dem bösen Abklatsch wird ein verdammt ironisches Zitat, eine unverschämt schlitzohrige Andeutung. Die vorher kritisierte dekorative Substanzlosigkeit der Bilder wird nun als „listiges Schonen des Betrachters vor den Ideen des Künstlers“ gefeiert. Das gesamte vorherige Kunsturteil wird auf den Kopf gestellt. Das einzig Wichtige scheint zu sein, beim nächsten Sektempfang des befreundeten Professors auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen. Das persönliche Netzwerk zählt, vergiss das Kunsturteil.
Von solchen eher unschönen „Kriterien“ der Urteilsfindung über Kunst steht wenig in der Ausgabe „Kunsturteil“ im kunstforum. Vermutlich machen alle Künstler mit diesen launischen Eigenarten des Kunsturteils Bekanntschaft. Manchmal profitiert man, manchmal hat man Pech.

Ich erinnere mich noch an eine Ausstellung 2008 in Düsseldorf,
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